Winterfeld gegen den Trend

In Winterfeld läuft einiges gegen den allgemeinen Trend in den Dörfern. Das kleine, überaus sportliche Altmarkdorf punktet mit guter Infrastruktur, Bevölkerungszuwachs, Bauboom und regem Dorfleben.

#Winterfeld – Das kleine Dorf liegt an der B 71, die 1843 als „Fernstraße“ erbaut worden war und heute oft als altmärkische Autobahn bezeichnet wird. 346 Einwohner lebten mit Stand Jahresende 2023 in Winterfeld, 133 im Ortsteil Recklingen, 61 in Baars und 25 in Quadendambeck. Insgesamt kommt man also auf 565 Einwohner. Ein Vergleich: Zu DDR-Zeiten zählte Winterfeld gut 700 Einwohner. Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Dorf im Jahr 1348. Somit wurde es im letzten Jahr 675 Jahre alt.

Wer sich mit der Ortsgeschichte befasst, stößt unweigerlich auf eine nicht übersehbare Besonderheit:

Das Hünengrab

Das Großsteingrab liegt im Pfarrgarten, 70 Meter von der Kirche entfernt – eine Konstellation, die es nicht oft gibt. Die „Megalith-Gräber“ werfen die Frage auf, wie derartige tonnenschwere Granitblöcke damals transportiert und verbaut werden konnten. Die Hünengräber in der Altmark werden auf ein Alter von 4000 bis 5000 Jahre (Jungsteinzeit) geschätzt.

Der inzwischen rundum erneuerte Dorfplatz am Kriegerdenkmal wird oft genutzt. Im Hintergrund der Kirchturm und die ca. 150-jährige „Friedenseiche“. Die Info-Tafel zum Winterfelder Großsteingab steht zwischen Denkmal und Eiche.

Zum Alter des Megalith-Grabes gibt es eine Anekdote: Auf die Frage nach dem Alter des Grabes einer Schülerin, die mit ihrer Klasse 1980 das Hünengrab besuchte, antwortete der damalige Pfarrer Otto Reichmann (1906-1991), dass es 5050 Jahre alt sei. Woher er das so genau wisse? Reichmann: „Als ich nach Winterfeld kam, sagte mein Vorgänger, das Großsteingrab sei 5000 Jahre alt, und ich bin 50 Jahre hier.“

Von den ehemals 200 derartigen Grabmalen in der Altmark gibt es noch 48.

Aktuell ist ein Fahrradrundweg „Megalith- Landschaft Altmark“ in Planung, und Winterfeld wird dabei berücksichtigt. Seit Juli 2019 weist am Dorfplatz ein Schild auf das Hünengrab hin.

Feuerwehr und Sportverein

Bedeutsam für die etwas jüngere Ortsgeschichte waren die Jahre 1907 und 1922: 1907 wurde die Feuerwehr und 1922 der Sportverein gegründet – beide gestalten seither die Ortsgeschichte aktiv mit. Im Jahr 2022 wurde die Feuerwehr folglich 115 und der Sportverein 100 Jahre alt.

Die Rolle des Sports

Winterfeld, das ausgezeichnete Sportdorf, wurde 1980 mit dem Titel „Vorbildliche Sportgemeinschaft“ und 1988 als „Sportliches Dorf“ geehrt. Aktuell werden mehr als 400 organisierte Mitglieder in verschiedenen Sparten gezählt. Mit gutem Können und großer Begeisterung treten immer wieder beispielsweise die rund 50 Tanzmädchen aus 14 Dörfern in vier Altersgruppen – vom Vorschulkind bis zu Jugendlichen – an. So hat Winterfeld quasi sein eigenes Ballett, das unter anderem beim jährlichen Sportlerball und bei etlichen anderen Veranstaltungen auftritt. Eine so große, im Sport organisierte Tanzgruppe ist im Altmarkkreis ziemlich einmalig.

Die Jahn-Eiche erhielt 1986 einen Gedenkstein.

Der 1. Juni

Der 1. Juni, Kindertag, ist fest in die Winterfelder Sportgeschichte eingegangen, denn an diesem Tage wurde jahrelang die Vorschulgruppe des Kindergartens geschlossen in den Sport übernommen, erstmals am 1. Juni 1976 und letztmalig 1989. In feierlicher Form erhielt jeder Jungsportler Sportausweis, Sportbekleidung (Turnhose, Trikot), Süßigkeiten und Spielzeug, das in der Kita blieb. Innerhalb von 14 Jahren (1976 bis 1989) wurden 137 Sportler aufgenommen, ca. zehn pro Jahr. Zum Jahrgang 1970 gehörten zum Beispiel Cordula Röhl, Ulf Steffens und Stephan Thiele.

Die jungen Sportler konnten sich die Sektion, in der sie aktiv sein wollen, aussuchen: Fußball, Pferdesport, Tischtennis, Leichtathletik, Kegeln oder Schach (Leitung: Adolf Krause, Baars). Für Erwachsene gab es „Allgemeine Sportgruppen“ – FES (Freizeit- und Erholungssport) nach dem DDR-Slogan: „Jedermann an jedem Ort, in der Woche einmal Sport“.

Kita-Chefin war damals Waltraud Moschner, Sportchef Marno Schulz, Geschäftsführer Hans-Joachim Schwerin.

Die Friedenseiche

Auch auf zwei historisch bedeutende Bäume kann Winterfeld verweisen: Nach dem Sieg Deutschlands über Frankreich mit Ausrufung des Deutschen Kaiserreichs am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal zu Versailles wurden an vielen Orten „Friedenseichen“ als Erinnerung an diesen historisch wichtigen Sieg gepflanzt. Standort der Bäume waren meist die Zentren der Dörfer und Städte. So war es auch in Winterfeld.

Ein weiteres Baumdenkmal ist die Winterfelder Jahn-Eiche, gepflanzt 1927 zum 75. Todestag des Turnvaters Friedrich Ludwig Jahn. 1986 erhielt dieser Baum einen Gedenkstein, auf dem steht:

Das Massengrab – auch ein Mahnmal für den Frieden.

„Jahneiche 07.10.1986 SG Winterfeld“

Nach 1918 wurde in Winterfeld, wie andernorts auch, ein Kriegerdenkmal errichtet. 23 Namen der Gefallenen aus Winterfeld stehen auf der frontal angebrachten Marmorplatte. Im Ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 starben zwölf Prozent der männlichen Bevölkerung.

Der dunkelste Tag

Der 12. April 1945 war der wohl dunkelste Tag in der Winterfelder Ortsgeschichte. 30 vom Bürgermeister angeforderte Soldaten sollten, ausgerüstet mit Panzerfaust und Infanteriewaffe, den Vormarsch amerikanischer Panzerverbände in Richtung Elbe aufhalten. Die Parole lautete damals: „Winterfeld wird verteidigt bis zur letzten Patrone“. Nach aussichtslosem und kurzem Feuergefecht mussten acht tote deutsche Soldaten beklagt werden. Vier schwer Verwundete wurden per Pferdefuhrwerk nach Beetzendorf ins Lazarett gebracht. Dort erlagen sie ihren schweren Verwundungen. Ein Wohnhaus und fünf Scheunen verbrannten.

Das auf dem Winterfelder Friedhof von der Gemeinde gepflegte Massengrab möge noch lange ein Mahnmal für den Frieden sein. Jährlich gibt es am 12. April längeres Glockengeläut zur Mahnung. Der Kampf um die Einnahme des Dorfes war von amerikanischen Kriegsberichterstattern gefilmt worden und war schon mehrfach im Fernsehen zu sehen.

Das Wappen von Winterfeld ist historisch begründet (Ur-adelsfamilie „von Winterfeld) und hat mit der neuzeitlichen Wolfsansiedlung nichts zu tun.

Das Wappen mit Wolf

Seit dem 11. Dezember 2008 prangt über der Eingangstür der Gemeindeverwaltung im Mehrzweckgebäude ein sehenswertes Wappen: ein zum Sprung ansetzender Wolf mit roter Zunge auf dem Deckstein eines stilisierten Großsteingrabes, davor drei goldene Ähren, die von zwei Halmblättern eingefasst sind und auf die Bedeutung der Landwirtschaft in der Region hinweisen. Der Ursprung des Hoheitszeichens hat historische Gründe und geht auf die Uradelsfamilie „von Winterfeld“ zurück, die es seit mehr als 600 Jahren gibt und die auch in Winterfeld ansässig war. Einer derer „von Winterfeld“ soll eigenhändig einen Wolf getötet haben. Es soll damals eine große Wolfsplage gegeben haben.

Stern von Winterfeld

Seit der Adventszeit 2018 besitzt der Ort ein neues, imposantes Wahrzeichen: den „Stern von Winterfeld“ (Idee: Jürgen Herrmann/Baumeister: Helmut Schachel). 10 000 LED-Lämpchen erleuchten, weithin sichtbar, die dunkle Vorweihnachtszeit. Auch der Verkehr auf der B 71 nimmt dieses „Leuchtwunder“ auf dem Parkplatz des „Wiesenecks“ wahr. So können die Winterfelder nicht nur den Polarstern oder den Stern von Bethlehem bewundern, sondern auch ihren eigenen Adventsstern. Nach der Adventszeit wird die Leuchtanlage durch eine stilisierte, beleuchtete Weltkugel ersetzt.

Alle hoffen, dass der „Stern von Winterfeld“ noch lange leuchtet und verkündet: Das kleine Altmarkdorf hat sich in 34 Jahren deutscher Einheit nicht nur gut entwickelt, sondern es hat auch gutes Potenzial für die Zukunft.

Quellenangabe: Altmarkkreis Salzwedel vom 08.03.2024, Seite 4

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