Berühmte Balkonszene von „Romeo und Julia“ auf dem Burgturm
Apenburg – Rund 25 Meter hoch ist der Apenburger Burgturm, der die Jahrhunderte bis heute überdauert hat. Genau 22,70 Meter beträgt die Höhe von den Zinnen bis zur Eingangstreppe. Insgesamt 27 aus Backstein gemauerte Zinnen gibt es oben in luftiger Höhe. Im Mittelalter stand am Rande des etwa 1000 Quadratmeter großen Innenhofes ein Schloss mitten in der sumpfigen Purnitz-Niederung, welches jedoch im 17. Jahrhundert zunehmend baufällig wurde und später abgetragen werden musste.
All das diente am Sonnabend in lauschiger Sommernacht als Kulisse für William Shakespeares berühmte Balkonszene von „Romeo und Julia“ auf dem Burgturm. Schauspielerin Friederike Becht tauchte, gesichert von Burg-Aktivist Daniel Mulorz, als Julia in luftiger Höhe zwi-schen den Turmzinnen auf und flirtete mit ihrem geliebten Romeo, dargestellt durch Michael Rotschopf: „Aber stille, was für ein Licht bricht aus jenem Fenster hervor? Es ist der Osten, und Juliet ist die Sonne…“.
Berühmte Balkonszene in 22,70 Meter Höhe
Julia erscheint oben zwischen den Zinnen des Burgturmes: „Geh auf, schöne Sonne, und lösche diese neidische Luna aus, die schon ganz bleich und krank vor Verdruss ist, dass du, ihr Mädchen, schöner bist als sie“, sagt der Liebestrunkene am Fuße des Turmes. Und Julia erwidert: „Oh Romeo, Romeo – Warum bist du Romeo? Verleugne deinen Vater und entsage deinem Namen, oder wenn du das nicht willst, so schwöre mir nur ewige Liebe und ich will keine Capulet mehr sein….“
Diese Szene aus Verona spielte am Wochenende live in Apenburg. Unter dem Titel von William Shakespeare „Die Zeit wird deiner Schönheit nicht verderblich“, luden die Altmark Festspiele zu einer mit bunten Farben illuminierten Klassiknacht mit Literatur und Musik in die Alte Burg Apenburg. Die beiden Theater- und Filmschauspieler Friederike Becht und Michael Rotschopf lasen und spielten anrührende Momente der Literatur und des Theaters von Shakespeare, Guy de Maupassant, Georg Büchner sowie Liebesgedichte von Rainer Maria Rilke, Erich Kästner, Stefan Zweig u. a. mit Musik von Clara Schumann, Johannes Brahms, Edward Elgar, Fanny Hensel und Ennio Morricone. Zwischen den zitierten Texten musizieren Matthias Glander, Soloklarinettist der Staatskapelle Berlin und Festspiel-Intendant Reinhard Seehafer am Flügel.
Die ganze Bandbreite von Liebe, prickelnder Erotik aber auch des Überdrusses einer langjährigen Ehe wurden dargeboten. So gab es in Maupassants „Idyll“ für einen hungrigen Landarbeiter quasi den quellfrischen Milch-Cocktail von einer Amme im Zug, der zeitgenössische Künstler „Sebastian 23“ dichtete zur „Grammatik der Liebe“ und Karin Kiwus’ schnoddriges Anti-Liebesgedicht „Im ersten Licht“ wurde vom gereiften Publikum schmunzelnd registriert, denn ein altes Liebespaar hatte sich und die dazu gehörigen Hinterteile der Körper offenbar einander komplett sattgesehen…
Anti-Liebesgedicht sorgt für Schmunzeln
Doch dann gab es für alle Romantiker wieder Verträumtes von Heine, Kästner, Büchner und natürlich Rilkes berühmtes „Liebeslied“. Für alle anwesenden Paare, die von Liebes-Irrungen, Wirrungen, Intrigen und dem dazu gehörenden Süßholzgeraspel am Ende des Abends immer noch nicht genug hatten, schwang die ewig ketzerische Frage der Zweifler mit auf dem abendlichen Weg nach Hause: „Liebst du mich – wirklich?“
Quellenangabe: Von Kai Zuber – Altmarkkreis Salzwedel vom 19.06.2024, Seite 4
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